Eigentlich sollte dies mein letzter Blog Eintrag werden.
Unser Leben hier ist nicht mehr von so vielen Neuigkeiten geprägt als dass
es da viel ständig Neues zu berichten gibt. (Leider) gibt es zur Zeit auch keine
grösseren Projekte, an denen ich arbeite. Es gefällt uns immer noch sehr gut
und es gibt keine Pläne in die Schweiz zurück zu gehen. Allerdings hat sich
auch hier in den letzten 2 Monaten vieles verändert – so dass es doch wieder
Neuigkeiten zu berichten gibt.
Wir werden oft gefragt, was wir so die ganze Zeit machen
hier. Unser Leben ist (war) eigentlich sehr abwechslungsreich. Alle 2 Wochen
fahren wir in die City, treffen uns mit dem Schweizer Club, gehen auf Ämter,
haben Arzt Besuche und kaufen Dinge ein, die man nur in der Stadt bekommt. Ich
habe meist nach 2 Tagen genug und fahre dann mit dem Bus wieder zurück in die
Provinz in unser Haus in Dalaguete. Jonah bleibt meist noch 2-3 Tage und schaut
ihrer Mutter oder trifft ihre Freunde und Familie dort. So sind wir also alle 2
Wochen 2-3 Tage getrennt voneinander, was uns beiden gefällt. Ich kann ihn
dieser Zeit Gerichte kochen, die Jonah nicht so gerne hat und sie isst vor
allem Filipino Food. Es ist auch die Zeit, wo ich meist etwas länger am
Stammtisch sitze und etwas müder nach Hause komme. Hier in der Provinz stehe
ich zwischen 6 und 7 auf, lese zuerst online die News und bereite das
Frühstück vor. Zum Frühstück gibt es übrigens immer Kaffee aus der DeLonghi
Maschine für mich und Schoggi Milch für Jonah. Dazu gibt es Brot und Käse für
mich und Brot und Peanuts Butter für Jonah. Abgeschlossen wird das Frühstück
mit tropischen Früchten, meist Bananen und Mango. Am Morgen macht meist jeder
etwas für sich. Für mich gibt es jeden zweiten Tag ein grösseres Sport Programm
(Stepping, Stretching, Bauchmuskel Training und Schwimmen). An den andern Tagen
beschränke ich mich auf das Schwimmen. Falls ich der Chef in der Küche bin,
beginnt nachher bald die Vorbereitung auf das Mittagessen. Jonah macht in
dieser Zeit oft etwas Administrations Arbeiten oder Reinigung. Das Mittagessen
ist unsere Hauptmahlzeit und oft gibt es dazu ein Glas Wein. Wenn ich koche,
gibt es internationales Essen, wenn Jonah kocht meistens philippinisches. Dann
gibt es Kaffee und Schoggi oder ein anderes Dessert. Um 13 Uhr kommt Rowena,
unsere Haushaltshilfe. Während wir auf der Terrrasse Siesta machen, reinigt sie den
Schlafbereich und die Bäder oder den Garten. Den Nachmittag verbringen wir oft
mit einfachen Reparaturarbeiten, mit Gartenarbeit, Lesen, usw. Um 16 Uhr ist es
dann schon Zeit für den Stammtisch. Man trifft sich im Dorf am Pier bei einem
(meist mehr als einem!) kalten Bier und tauscht sich über alles Mögliche aus. Manchmal
kommt auch die eine oder andere Frau mit und dann gibt es eine
Frauenrunde. Wenn es dunkel wird (hier zwischen 18 und 18.30) geht man langsam
wieder nach Hause. Oft trinken wir auch zu zweit unsern Apéro zuhause auf der
Terrasse nachdem Rowena um 17 Uhr gegangen ist. Abends sind wir meist nicht
mehr sehr hungrig und essen nur einen Snack. Wir bleiben oft bis gegen 21 Uhr
auf der Terrasse und Lesen oder machen ein Spiel. Dann schauen wir in unserem
Fernsehraum noch einen Film und so um 22.30 ist Nachtruhe. Der Tag geht so
eigentlich ganz schnell um. Oft gibt es auch Überraschungen wenn etwas kaputt
geht, Besuch kommt, etc.
Dies ist natürlich nur der Standardablauf. Oft machen wir
auch Ausflüge, haben Besuch, gehen auf Besuch oder alles ändert weil etwas
kaputt geht oder eingekauft werden muss. Nicht zu vergessen die Zeit, die wir
mit der philippinischen Administration verbringen, sei es einen Ausweis zu
verlängern, Fahrzeug vorzuführen und vieles mehr. Sie sind Weltmeister in der
komplizierten und ineffizienten administrativen Abwicklung, was meist viel
Geduld und Nachsehen kostet ……
In den letzten 2 Monaten hat natürlich alles geändert. Als
wir am 13. März von der City nach Dalaguete gefahren sind, haben wir zwar schon
etwas mehr eingekauft als normal – aber nie hätten wir gedacht, dass wir mehr
als 2 Monate nicht mehr in die City kommen. Nachdem zuerst Restaurants, Beaches
usw. geschlossen wurden, kam es am 23. März zum kompletten Lockdown. Der ganze
öffentliche Verkehr wurde eingestellt. Aus dem Hause durfte nur noch eine
Person, die zuerst einen sogenannten Quarantäne Pass beantragen musste.
Ausser
Nahrung konnte man nichts mehr kaufen, nur noch der Markt und der Supermarkt
hatten geöffnet. Nach einer Zeit wurden auch die Öffnungszeiten drastisch
gekürzt (dessen Sinn ich bis heute nicht verstehe, so kommen doch mehr Leute zur
gleichen Zeit zusammen). Später wurden auch noch die Tage, in denen man
einkaufen kann, auf 2 Tage pro Woche reduziert. Zwischen allen Orten wurden
Kontrollposten errichtet, man konnte nur mit einem speziellen Ausweis in den
nächsten Ort fahren. Der Alkohol Verkauf wurde ebenfalls gestoppt.
Ausweise für einmalige Fahrt ins Nachbardorf |
Die Anzahl Covid-19 Fälle hat in der letzten Woche trotz all
den Massnahmen massiv zugenommen. Gegenwärtig haben wir auf ca. 4.5 Mio
Einwohner auf der Insel Cebu knapp über 1000 Fälle. Es gab alleine letzte Woche
ein Verdoppelung, wahrscheinlich weil erst jetzt genügend Tests zur Verfügung
stehen. Ausserhalb der Stadt sind es weniger als 10 Fälle. Die Hälfte aller Fälle
sind in 2 Gefängnissen. Das ist nicht weiter erstaunlich, ist doch das Cebu
Stadtgefängnis gebaut für 580 Insassen – doch es sind über 6000 (!) inhaftiert.
Die Meisten sind übrigens Drogendeliquenten. Die andere Hälfte kommt vor allem
aus den Armenvierteln, wo Social Distancing eben sehr schwierig ist.
kriegsähnliche Checkpoints zwischen den Orten |
Checkpoint von gut geschütztem Personal |
in 4 dieser Armenviertel sind praktisch alle Fälle in Cebu |
Desinfektion nach Einsatz |
ganze Strassenzüge werden desinfiziert |
neu gebautes Quarantäne Zentrum |
Wochenlieferung von Esswaren an die Haustüre von der Gemeinde |
und so sieht es im Kühlschrank aus .... |
Vorläufig gilt der Lockdown noch bis 15. Mai, aber es wird
bereits über eine Verlängerung diskutiert. Der wirtschaftliche Schaden ist vor
allem im Tourismus Bereich und bei den OFW gross. OFW (Overseas Filipino
Workers) sind alle die Filipinos, die im Ausland arbeiten, viele auf Kreuzfahrt-
und Frachtschiffen, die nun alle zurück gekommen sind (viele mit dem Virus!)
und kein Geld mehr ins Land schicken können. Man schätzt, dass die OFW ca. 10%
zum Bruttosozialprodukt beitragen.
So hat sich natürlich unser Leben verändert. Seit mehr als 7
Wochen sind wir jetzt in Dalaguete und ich immer zu Hause. Rowena, unsere
Haushaltshilfe kann nicht mehr kommen, da sie in einem andern Ort wohnt. So
machen wir ihre Arbeit und sind viel beschäftigt mit Gartenpflege (jeden Tag
giessen, da es zur Zeit sehr trocken ist) und Hausreinigung. Es geht so weit
ganz gut, wir haben ja viel Zeit, da wir das Haus nicht verlassen können.
Wir befinden uns eigentlich in einem angenehmen „Gefängnis“.
Trotzdem vermissen wir natürlich die Abwechslung und die sozialen Kontakte.
Sehr oft treffen wir Freunde auf www.schieber.ch
und machen online einen Schieber.
Da die Rückkehr zur „Neuen Normalität“ hier wohl anders
aussieht als in Europa, werde ich zur gegebenen Zeit diese dann in einem
weiteren Blogeintrag schildern.
Per 1. Mai 2020 wäre ich übrigens bei der Swiss
offiziell pensioniert worden. Es wäre ein trauriger Abgang gewesen, ohne
Abschiedsparty und in einer so schwierigen Phase der Firma. Ich verfolge alles
eifrig mit und leide mit meinen Ex Arbeitskollegen.
Und wie lautet sonst die Bilanz nach 5 Jahren Auswanderung?
Unsere Auswanderung war vor allem für mich ein Erlebnis, das
ich nie missen möchte. Ich konnte viele neue Erfahrungen in einer ganz andern Kultur sammeln und einen
Lebenstraum verwirklichen. Für Jonah ist es natürlich etwas anders, vor allem
nachdem sie nun 2 Grosskinder in der Schweiz hat.
Es ist nicht alles gut hier. Vor allem wird der schönen
Umwelt viel zu wenig Sorge getragen. An vielen Ort liegt Müll, die Städte haben
zudem schlechte Luft und einen ständigen Verkehrsstau. In die Infrastruktur
wird wenig investiert und bei allem sehr kurzfristig überlegt. Von der überaus
mühsamen Administration habe ich bereits geschrieben.
Auf der andern Seite ist es einfach toll in einem tropischen
Land zu leben, keine Winter und immer warm! Ich liebe es 80% des Tages draussen
zu sein. Die Menschen sind hilfsbereit und sehr tolerant und haben fast etwas
südamerikanisches Temperament. Zu den Schweizern und andern Ausländern hat man
hier natürlich als Auswanderer eine ganz andere Beziehung als im eigenen Land,
sind wir doch hier Gäste und in der Minderheit. Schön ist natürlich auch die
Kaufkraft unseres Schweizer Frankens. Hier können wir uns ein tolles Leben mit 2 Häusern und zwei Angestellten leisten. Nicht alle können sich mit der Neuen Heimat
anfreunden, aber ich denke, dass es mir sehr gut gelingt. Für mich überwiegen
die positiven Aspekte und so werden wir wohl noch einige Zeit hier bleiben.
Niemand weiss wie die Zukunft aussieht, aber zur Zeit könnte
ich mir vorstellen, ab 65 auch in der Schweiz ein Domizil zu haben und dann
jeweils die Sommermonate dort zur verbringen. Aber den Winter vermisse ich
überhaupt nicht!
Ja, und das nächste Mal werden wir wohl so in die Schweiz fliegen: